Andalusien wäre von Natur aus zum größten Teil Waldland. Dies war bis in historische Zeit auch tatsächlich so. Noch der römische Geograph Strabo sagte, dass ein Eichhörnchen die Iberische Halbinsel von den Pyrenäen bis Gibraltar durchqueren könne, ohne die Baumkronen verlassen zu müssen.


Karte der potenziell natürlichen Vegetation Andalusiens
Die potenzielle natürliche Vegetation Andalusiens, d.h. die Pflanzendecke, wie sie ohne menschliche Einwirkungen aussehen würde. Nach García Guardia, o.J. (s. Literaturtipps)

Heute finden wir von diesen Wäldern nur noch einen kleinen Teil vor. Begonnen hat die Waldvernichtung schon mit den Phöniziern, die große Waldflächen in der Sierra Morena kahl schlugen, um Brennholz für die Verarbeitung der hier abgebauten Blei-, Kupfer- und Eisenerze zu erhalten. Im Laufe der Geschichte wurden die Wälder immer weiter dezimiert. So etwa während der Reconquista, als sie den Mauren als Versteck und Hinterhalt dienten und daher von den Christen abgeholzt wurden oder unter den Bourbonen, als für die Spanische Armada die Wälder der Sierras de Cazorla y Seguras gefällt wurden. Dauerhafter in seiner Wirkung war aber noch die Umwandlung von Waldland in Kulturland  sowie die Beweidung. Vor allem im Nordosten Andalusiens, in den Provinzen Córdoba und Jaén, finden wir heute statt der Wälder riesige Olivenhaine, und im Becken des Guadalquivir Getreide- und Sonnenblumenfelder. Die Beweidung durch Schafe und Ziegen hat vor allem nach Bränden die Regeneration des Waldes verhindert und dafür gesorgt, dass in weiten Teilen des Landes heute ein Gebüschland, das matorral, anzutreffen ist. Rinder und in erster Linie Schweine fraßen dagegen vor allem die Eicheln; wo sie weideten, blieb der Wald erhalten, allerdings in einer besonderen Form: es entstanden aufgelockerte Weidewälder, dehesa genannt. Insgesamt sind heute nur noch etwa 25% der Landesfläche von (mehr oder weniger stark veränderten) Wäldern bedeckt.

Diese Reste der naturnahen Vegetation sind freilich von besonderem Interesse. Sie zeigt, wie die Vegetation einmal war - und damit, in welche Richtung sich die Landschaft entwickeln kann. Dies ist z.B. bei Aufforstungen in Gebirgen wichtig zu wissen.

Vergleichen wir einen typischen (Steineichen-)Wald in Andalusien etwa mit einem heimischen Buchenwald, so fallen zuerst die kleinen, ledrigen und harten Blätter der Bäume und des Unterwuchses auf, die auch im Winter nicht abfallen. Botaniker nennen solche Pflanzen immergrüne Hartlaubgewächse, typische Beispiele sind Steineichen und Ölbäume. Solche Arten sind besonders gut an das Mittelmeerklima angepasst und daher im gesamten Mittelmeerraum zu finden (s.u.).

Die von solchen Hartlaubgewächsen gebildeten immergrünen Laubwälder unterscheiden sich auch im Aufbau von unserem Buchenwald. Dieser ist oft ein Hallenwald, mit hohen Bäumen, geschlossenem Kronendach und wenig Unterwuchs. Der immergrüne Laubwald ist niedriger, und in seinem Unterwuchs finden wir viele (ebenfalls immergrüne) Sträucher. Diese Unterschiede spiegeln die unterschiedlichen ökologischen Bedingungen wider: Während es in Mitteleuropa genügend Feuchtigkeit und Nährstoffe gibt und die Bäume vor allem um den Zugang zum Licht konkurrieren, fehlt im Mittelmeerraum vor allem Wasser. Um möglichst viel hiervon aufnehmen zu können, bilden die Bäume ein seitlich weit ausgedehntes Wurzelsystem aus und stehen daher lockerer. Daher gibt es genug Licht für die Entwicklung eines reicheren Unterwuchses.

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>> Sommergrüne Laubwälder
>> Nadelwälder
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Hartlaubgewächse – Anpassungen an das Mittelmeerklima

Die kleinen, dicken und ledrigen Blätter vieler Pflanzen des Mittelmeerraumes sind vor allem eine Anpassung an das hier herrschende Klima mit seinen heißen, trockenen Sommern. Je kleiner und dicker die Blätter sind, desto kleiner wird ihre Oberfläche im Verhältnis zum Volumen; und je kleiner die Oberfläche, desto geringer wird die hier stattfindende Verdunstung. Noch weiter wird der Wasserverlust eingeschränkt, indem Wachs- oder Harzschichten auf die Blätter aufgelagert werden. Dadurch erscheinen die Blätter ledrig. Oft kommen noch weitere Schutzmaßnahmen gegen Wasserabgabe hinzu. So geben viele Pflanzen ätherische Öle ab, die wasserabstoßend sind und somit ebenfalls die Verdunstung einschränken. Der Geruch dieser Öle ist vor allem im matorral sehr auffällig, viele Gewürzpflanzen wie Rosmarin und Thymian gehören zu diesen Pflanzen.

Die Blätter der Hartlaubgewächse werden im Winter nicht abgeworfen, sondern bleiben über mehrere Jahre erhalten, so dass sie auch milde Wintertage, vor allem aber das Frühjahr und den Herbst für die Photosynthese nutzen können. Als Preis für den Verdunstungsschutz wird aber nicht nur die Wasser(-dampf-)abgabe, sondern auch der übrige Gasaustausch, etwa die Kohlendioxidaufnahme, behindert. Aus diesem Grund können immergrüne Pflanzen im Sommer nicht so wirkungsvoll Photosynthese betreiben wie sommergrüne Laubbäume, die insgesamt deutlich produktiver sind. Wo die Wasserverhältnisse es erlauben, etwa an Flüssen oder in Gebirgen, lösen sommergrüne Arten daher die Hartlaubgewächse ab.

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