In Spanien stellt das Cabo de Gata fast schon einen Mythos dar: Das letzte weitgehend unverbaute Gebiet der andalusischen Mittelmeerküste. Halbwüsten und vulkanische Berge lassen die Landschaft, um die ZEIT zu zitieren, “eher erhaben als idyllisch” wirken. Die Gegend stellt eine Steigerung der übrigen Halbwüsten der Provinz Almería dar: Mit nur 180 mm Jahresniederschlag ist sie die trockenste in Europa; da es zudem in engen Kontakt mit dem Meer steht, konnten sich hier einzigartige Landschaften und Lebensräume ausbilden - der Wanderer findet hier vor allem im zeitigen Frühjahr ein wahres Paradies vor; im Herbst locken die zahlreichen Strände an den Touren mit warmem Wasser. Nur im Sommer sollte man sich keine allzu langen Touren vornehmen: Schatten gibt es kaum.

Landschaft

Cabo de Gata: Blick auf die Bucht von San José
Cabo de Gata: Blick auf die Bucht von San José und die Sierra del Cabo de Gata. © Jürgen Paeger


Das Herzstück ist die Sierra del Cabo de Gata. Dieser nur knapp 500 m hohe Gebirgszug besteht aus dunklem Vulkangestein und durchzieht den Cabo de Gata von Südwesten nach Nordosten und nimmt den größten Teil des Naturparks ein. Sein höchster Gipfel ist der zwischen San José und Los Escullos gelegene, 493 Meter hohe Fraile. Die Sierra ist aufgrund der Trockenheit nur spärlich bewachsen. Zum Meer hin fällt die Sierra mit einer Steilküste ab; vorgelagerte Klippen runden das wilde Landschaftsbild ab. Immer wieder sind kleine Buchten in die Küste eingeschoben (>> Strände und Buchten). Der Westen des Naturparks gehört dagegen geologisch zur Bucht von Almería. Hier konnten sich am Fuß des Gebirges auf undurchlässigen Sedimentschichten Salinen ausbilden. Normalerweise sind sie durch Dünen vom Meer getrennt, aber bei starken Stürmen dringt frisches Meerwasser ein, daß danach unter der heißen Sonne schnell verdunstet. Die Salinen dienen nicht nur der Salzgewinnung, sondern bieten auch vielen Vogelarten einen Lebensraum. Unter anderem Flamingos, Seeschwalben und verschiedene Möwenarten kann man hier finden. Die Salinen sind - in unmittelbarer Nachbarschaft der Halbwüsten - die wichtigsten Feuchtgebiete der Provinz Almería.

Übersichtskarte es Naturparks Cabo de Gata in Andalusien
Wandergebiet Cabo de Gata. Die gestrichelte Linie zeigt den Naturpark, die Wanderer die Lage der im Buch (grüne Symbole) oder auf diesen Seiten (rote Symbole) beschriebenen Wandertouren. © Jürgen Paeger

Tier- und Pflanzenwelt

Mit 3.000 Sonnenstunden im Jahr und 200 mm Jahresniederschlag (ein Viertel von dem in Deutschland) ist es im Cabo de Gata zu trocken für Wälder, trockenheitsrestistente Sträucher sind das Maximum an Pflanzenwuchs. Typische Vertreter sind die Zwergpalme (Chamaerops humilis L.), die einzige in Europa einheimische Palmenart und ein Strauch mit auffälligen, hornförmigen Früchten (Periploca laevigata subsp. angustifolia). Ein weiterer afrikanischer Anklang ist der dornige azufaifo (Ziziphus lotus), der in den Ramblas und Dünen vorkommt und ansonsten in Nordafrika verbreitet ist. Von besonderem Interesse für die Botaniker sind einige Endemismen (Pflanzen, die nur hier vorkommen), darunter ein Löwenmaul (Antirrhinum charidemi), eine Nelke (Dianthus charidemi) und eine Lilienart (Androcymbium europaeum).

An Tieren kommen in der Sierra Ginsterkatze, Füchse und Wildschweine sowie besonders zahlreich Eidechsen (darunter die große Perleidechse) und Schlangen vor; in den Steppen kommen vor allem Vogelfreunde zu ihrem Recht: Sand- und Spießflughuhn, Triel und Dupont-Lerche sowie der Wüstengimpel kommen hier vor. Dazu kommen die Vögel in den Feuchtgebieten und an der Meeresküste, aber auch das Meer selber: 1.400 Arten kommen unter Wasser vor und können schnorchelnd und tauchend betrachtet werden.

Wirtschaft und Kultur

Aufgrund der Trockenheit und seiner früher schlechten Verkehrsanbindung war das Gebiet zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem für den Anbau von Weizen und Gerste genutzt; daran erinnern heute noch die etwa 20 Windmühlen, die zum Teil bereits restauriert wurden. In den 1950er Jahren wurden Weizen und Gerste durch Pflanzen ersetzt, die weniger vom Wasser abhängig waren, wie Agaven und Espartogras. Daneben wurden auch die Salinen genutzt; bereits die Phönizier regelten den Wasserzufluß zu den Salinen, die zwischen San Miguel de Cabo de Gata und La Almadraba gelegen sind und gewannen hier Salz. Die Salinen sind bis heute in Betrieb. Daneben wurde in den Küstenorten gefischt. Seit Ausweisung des Naturparks ist ein Küstenstreifen von einer nautischen Meile in den Naturpark einbezogen, in dem nur die herkömmliche, “handwerkliche” Fischerei erlaubt ist. Gefangen werden hier unter anderem Wolfsbarsche (span. lubina), Seehechte (span. merluza), Sardellen (span. boquerones) und Zahnbrassen (span. dentón), die man in den Restaurants vor Ort verkosten kann. Früher gab es zudem Minen im Gebiet des Naturparks; schon die Römer bauten Silbererze in Rodalquilar ab, wo später auch Gold gefunden wurde - der Abbau wurde 1966 aufgegeben; ein Modell der Minen ist heute im geotouristischen Informationszentrum Casa de los Volcanes in Rodalquilar zu sehen.

Die Abgelegenheit schützte den heutigen Naturpark vor der touristischen Erschließung, die sonst weite Teile der spanischen Mittelmeerküste verändert hat. Als das Gebiet “entdeckt” wurde, war bereits eine Umweltbewegung aktiv und verhinderte etwa im Jahr 1984 ein Erschließungsprojekt an der Playa de Mónsul unweit von San José. Am 23. Dezember 1987 wurde das Gebiet zum Naturpark erklärt, womit die weitere Erschließung zumindest erschwert wurde. Versuche gibt es aber immer wieder, zuletzt wurde an der Playa de Algarrobico (am nördlichen Rand des Parks) illegal ein 20-stöckiges Hotel errichtet (die Bauarbeiten wurden im Februar 2006 eingestellt und der Abriß ist rechtskräftig beschlossen, aber noch nicht ausgeführt).

Auf 63 Kilometer Küstenlinie bieten die Strände und Buchten des Cabo de Gata dank der fehlenden großen Hotels und Infrastruktur ein für das Mittelmeergebiet einzigartiges Erlebnis; dabei unterscheiden sich die großen Strände im Südwesten, auf denen die einzelnen Strände nur durch die Mündungen einiger ramblas (normalerweise trockener Flussbetten) voneinander getrennt sind, von den Buchten im Südosten, die in die von der Sierra del Cabo de Gata gebildeten Küstenlinie eingestreut sind. Im Sommer können die Strände im Südwesten sehr voll sein, da sie leicht mit dem Bus von Almería aus zu erreichen sind.

Zu den bekannteren Buchten im Südosten gehören die feinsandige Playa de los Genoveses bei San José und die gerne auch von FKK-Anhängern genutzte Playa de Monsúl, die von einer Riesendüne vom Zufahrtsweg getrennt ist. (Diese beiden Strände werden auf der >> Wandertour 35 besucht.). Weitere schöne Strände gibt es auch bei La Isleta del Moro (Playa del Peñón Blanco), bei Rodalquilar (El Playazo) und in der nördlich von Las Negras gelegenen Cala de San Pedro (>> Wandertour 33). Der Ort Agua Amarga besitzt ebenfalls einen schönen Strand, oder man kann zu Fuß zu den beiden Buchten Cala de Enmedio und Cala del Plomo gehen (Wegbeschreibung >> hier).

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>> Wanderungen im Cabo de Gata
>> Praktische Hinweise (Ausgangsorte, Anreise, Unterkunft, Essen und Trinken)

© Jürgen Paeger 2004-2018